Für einige Monate wollte Aimee ihre Verwandten in Cleveland besuchen, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Bei der Ankunft am Flughafen in Philadelphia wurde ihr trotz Visum die Einreise verweigert und sie in das nächste Flugzeug zurück nach Deutschland gesetzt. Was das für Gründe hatte und was ihr beachtet solltet, lest ihr hier.

Aktuell: Einreisestopp für Europäer

Wegen des Ausbruchs des Coronavirus (COVID-19) hat Präsident Trump am 11. März 2020 einen 30-tägigen Einreisestopp für Reisende aus Europa verkündet. Im Artikel zur Einreise in die USA erfahrt ihr alles, was ihr wissen müsst.

Grund für die Zurückweisung sei die Annahme gewesen, dass sie in den USA nicht nur Urlaub sondern als Au-Pair arbeiten wolle – ihr gültiges Besuchervisum kurzerhand für ungültig erklärt. Ein unglücklicher Einzelfall? Nicht ganz. In den letzten Jahren kam es vermehrt zu Vorfällen, bei denen auch Deutschen die Einreise in die USA verweigert wurde. Begründungen gibt es selten. Häufig wird vermutet, dass gewisse politische Sichtweisen, USA-kritische Äußerungen und Aktionen Grund für die Einreiseverweigerung seien. Aus welchen Gründen eure Einreise in die USA wirklich verweigert werden kann, warum eine ESTA-Genehmigung die Einreise nicht garantiert und welche Regelungen bei der Einreise in die USA beachtet werden müssen, habe ich bei einem Gespräch mit Franziska Mählmann, Anwältin für Reiserecht, herausgefunden.

Einreise in die USA verweigert – Was tun?

19-Jähriger wird die Einreise verweigert

 Fälle mit politischem Hintergrund

 Terrordatenbank – Wer kommt auf die Liste?

Aus welchen Gründen kann die Einreise verweigert werden?

 Was ist bei der Einreise in die USA zu beachten?

USA Einreise verweigert

Einreiseverweigerung aufgrund von Facebook-Chat

„Die haben es geschafft, dass man sich fühlt wie ein Schwerverbrecher.“ Die Einreiseverweigerung der jungen Abiturientin löste in Deutschland eine Debatte über mögliche Willkür, definitiv aber über unersichtliche, unerklärliche Entscheidungen der US-amerikanischen Behörden aus. Aimee Valentina Schneider aus Marburg reiste mit einer gültigen elektronischen Reisegenehmigung (ESTA) in die USA, wo sie mehrere Monate lang ihre Verwandten besuchen wollte. Doch bei der Ankunft am Flughafen Philadelphia wird die Abiturientin von Mitarbeitern des amerikanischen Heimatschutzministeriums, des United States Department of Homeland Security, herausgepickt und in einem separaten Raum regelrecht verhört. Dass sie so lange in den USA bleiben wolle, macht die fragende Beamtin stutzig. „Sie konnte mir nicht glauben, dass ich für einige Monate wirklich nur Urlaub mache“, erzählt Aimee, wie hessenschau.de berichtet.

Hinweise auf Schwarzarbeit?

Bei der Befragung nahm man ihr das Handy ab. Die Beamtin verschaffte sich Zugriff zu ihrem Facebook-Account und las ihre geschriebenen Nachrichten. Aimee bestätige, dass sie in einem Chat mit ihrer Gastgeberin auch mal angeboten hatte, hin und wieder auf die Kinder aufzupassen. „Da haben die gleich gedacht, oh Gott, Au-Pair, die will hier schwarz arbeiten“, schlussfolgert Aimee hinterher. Der Facebook-Chat ist den Beamten offenbar Beweis genug, dass Aimee in den USA arbeiten wollte – wofür sie kein entsprechendes Arbeitsvisum besäße. Dann wurde es für die Abiturientin ungemütlich. Ihr sei mit Gefängnis gedroht worden, sie habe weder mit ihren Eltern telefonieren dürfen noch mit ihren amerikanischen Verwandten, die schon am Flughafen warteten. Stattdessen sei sie in den nächsten Flieger zurück nach Deutschland gesetzt worden. „Mein Handy habe ich erst im Flieger wiederbekommen, nachdem ich von zwei Polizisten über den kompletten Flughafen gebracht wurde.“

Die Kosten für den Rückflug musste Aimee selbst tragen. Laut ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ habe die Familie die Angelegenheit bereits an eine Petitionsstelle weitergeleitet und einen Bundestagsabgeordneten informiert. Die Großcousine in den USA habe zudem einen Anwalt eingeschaltet.

USA Einreise verweigert

Einreiseverweigerung für Touristen kein Einzelfall

In die Medien schaffen es nur wenige Fälle, doch dass Deutschen die Einreise in die USA verweigert wird, ist kein Einzelfall. Selten geht es dabei um die Annahme der geplanten Schwarzarbeit, häufiger um politisch-kritische Spekulationen. Im September 2013 wurde dem deutschen Schriftsteller Ilja Trojanow am brasilianischen Flughafen Salvador da Bahia beim Einchecken erklärt, er dürfe nicht mit American Airlines nach Miami fliegen. Deutschlandweit wurde spekuliert, ob es eine Verbindung zwischen der Einreiseverweigerung und seiner politisch-kritischen Haltung gäbe. Vor seinem geplanten Aufenthalt in den USA hatte Trojanow die Überwachungspraxis des US-Geheimdienstes NSA angeprangert und in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel gefordert, etwas gegen die von Edward Snowden aufgedeckten Spähmechanismen zu tun. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak sagte damals: „Es ist nicht auszuschließen, dass die USA kritischen Personen gezielt die Einreise verwehren.“ Nachdem sich der Schriftsteller mehrfach an die Behörden wandte, bekam er lediglich die Antwort: Wir erteilen grundsätzlich keine Auskunft über die Gründe unserer Entscheidung. Nach seiner ungewollten Rückkehr nach Deutschland bekam er beim amerikanischen Generalkonsulat in München ein Visum für die USA ausgestellt und reiste einige Wochen später ein.

Debatte über politische Hintergründe und Willkür

2014, schon im Januar hatte Linda de Vos ihre elektronische Einreisegenehmigung für die USA bekommen. Im April ging ihr Flieger – jedoch ohne sie. Am Check-in Schalter am Frankfurter Flughafen sagte man der 68-jährigen Pädagogin, dass sie nicht mitfliegen dürfe, da ihre ESTA-Genehmigung widerrufen worden sei. Selbst auf mehrfache Nachfrage beim US-Konsulat erhielt sie bis heute keine Erklärung. Linda de Vos vermutete, dass es mit der Online-Petition gegen die NSA-Ausspähpraxis zu tun hätte, die sie einige Zeit vor der geplanten Reise unterzeichnet hatte. Das Konsulat in Frankfurt stritt dies ab: Es sei definitiv kein Grund, es werde keine politische Meinung zensiert. Die Aussage verwunderte die Medien damals insofern, als das Konsulat in Frankfurt ansonsten versuchte, den Fall totzuschweigen, und gar keine Angaben machte. Zu speziellen Fällen dürfe aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilt werden, hieß es. Aber auch zu allgemeinen Fragen – etwa, ob es häufiger vorkommt, dass USA-Reisende am Flughafen plötzlich abgewiesen werden – gab das Konsulat auch auf mehrmalige Nachfrage keine Auskunft.

Die Fälle ähneln sich. Auch einem Journalisten der Hans Böckler Stiftung wurde fünf Stunden vor Abflug nach Detroit seine Reisegenehmigung entzogen. Eine Begründung bekamen auch sie bis heute nicht. Einen möglichen Grund für die Verweigerung sehen sie ebenfalls in politischen Diskrepanzen. „[Wir hatten] vor einigen Wochen eine Online-Petition unterschrieben, in der Asyl für Edward Snowden gefordert wurde. (…) Wir sind mit dem gegenwärtigen Kapitalismus aus vielen Gründen nicht einverstanden – hätten uns selbst jedoch bis dato als vollkommen ungefährlich für die nationale Sicherheit der USA eingestuft.“ Weiter schreibt er in dem Artikel: „Leider ändert das nichts daran, dass die US-Behörden uns verdächtig finden – denn heute gilt zunächst einmal jeder als verdächtig, der in die USA einreisen will.“

USA Einreise verweigert NSA

Terrordatenbank, „No-Fly“-Liste – Detaillierte Nachforschung vor Einreise

Ob tatsächlich politisch-kritische Statements zur Einreiseverweigerung führen können, da lassen sich die US-Behörden nicht in die Karten gucken. Dennoch ist klar, dass vor der Erteilung der Reisegenehmigung ausgiebige Nachforschungen zur Person durchgeführt werden. Nach der Anmeldung im ESTA-System findet etwa ein Abgleich mit der „Terrorist Screening Database“ statt, in der alle namentlich bekannten Terroristen gespeichert sind; zusätzlich mit dem „Automated Targeting System“ (ATS), das aus Daten wie Reiseziel, Sitzplatz und Essensvorlieben eine Sicherheitseinstufung errechnet, und dem „Treasury Enforcement Communications System“ (TECS), wo eine weitere Einschätzung des Antragstellers vorgenommen wird.

So landet man auf der No-Fly-Liste

Vor einem Jahr veröffentlichte die US-Regierung einen bisher unter Verschluss gehaltenen Kriterienkatalog, der zeigt, nach welchen Kriterien Personen in die Terrordatenbank der USA geraten. Wer hier durchfällt, landet automatisch auf der „No-Fly“-Liste – eine Liste mit Personen, die mit einem Flugzeug weder in die USA ein- noch aus ihr ausreisen dürfen.
Wie landet man auf der No-Fly-Liste:

  • Durch einen Fehler der Behörden
  • Menschen, die bereits in den großen übergeordneten Terrorverdachts-Datenbanken (TIDE oder TSDB) eingetragen sind. Diese Personen zu einer Kategorie von Menschen, von der laut aktueller und glaubhafter Geheimdienstinformationen oder bestimmter Bedrohungslagen (threat stream) ein Terrorakt ausgehen kann.
  • Durch Anschwärzung, zum Beispiel über Einträge auf Twitter oder Facebook durch dritte Personen. Es reicht der hinreichende Verdacht, dass die im Tweet oder Facebook-Post genannte Person ein bekannter oder mutmaßlicher Terrorist ist, oder dass es eine andere Grundlage gibt, um die Person auf die Liste zu setzen.
  • Als naher Verwandter eines mutmaßlichen Terroristen, unabhängig davon, ob man selbst in terroristische Aktivitäten verwickelt ist
  • Als Kollege, Partner oder Gefährte eines mutmaßlichen Terroristen

Schon der Begriff ‚Terror‘ wird in dem Katalog nur weich definiert; darunter fällt etwa auch ein Akt, der die Politik der Regierung durch Einschüchterung beeinflussen soll – der aber, wie es an anderer Stelle heißt, über die Äußerung einer Meinung hinausgehe.

USA Einreise verweigert NSA Überwachung

Aus welchen Gründen könnte euch die Einreise in die USA verweigert werden?

Gehen wir davon aus, dass ihr gerade nicht „Bombe selbst basteln“ gegoogelt habt sondern ein ganz normales Dasein fristet und einen Urlaub in den USA plant. Selbst auch dann kann euch die Einreise aus nicht zwangsläufig nachvollziehbaren Gründen verweigert werden.

In einem Gespräch mit Rechtsanwältin Franziska Mählmann, Expertin für Reiserecht, erklärt sie, aus welchen Gründen die Einreise verweigert werden könnte:

„Die Gründe für die Verweigerung der Einreise sind nicht festgelegt, maßgeblich ist der Eindruck der US-Grenzbeamten bei der Einreise. Das führt zwangsläufig auch zu einer Einreiseverweigerung bei Vermutungen, die für den Außenstehenden nicht zwangsläufig nachvollziehbar sein müssen.“ Weiter erklärt sie: „Es kann für eine Einreiseverweigerung bereits ausreichen, wenn bei der Einreise für die Dauer des Aufenthalts keine Adresse angegeben werden kann oder wenn „Knöllchen“ vom letzten Aufenthalt nicht bezahlt wurden. Grund für die Verweigerung können auch in Deutschland begangene Straftaten sein. Es werden letztlich das Umfeld und die Umstände des Einreisenden betrachtet und dann wird – nach dem Eindruck der US-Grenzbeamten – eine Entscheidung getroffen. Hierzu muss man wissen, dass die Fluggesellschaften verpflichtet sind, die Passagierdaten drei Tage vor der Einreise an die Grenzbehörden mitzuteilen, und somit Zeit für eine Überprüfung der Einreisenden bleibt.“

Was ist vor einer Reise in die USA zu beachten? Was braucht man?

Eine Reise in die USA ist trotz verschiedener Abkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten nicht so easy und unbedacht anzugehen, wie ein Trip nach Mallorca. Franziska Mählmann rät, sich auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes, zusätzlich auch auf der Seite der Diplomatischen Vertretung der USA ausführlich zu informieren.

Kein Visum nötig: Vor der Einreise sei zu überprüfen, ob ein Visum benötigt wird. „Ohne Visum ist eine Einreise und ein Aufenthalt von bis zu 90 Tagen möglich, wenn man im Besitz eines zur Teilnahme berechtigenden Reisedokuments ist, und:

  • mit einer regulären Fluglinie oder Schifffahrtsgesellschaft einreist
  • ein Rück- oder Weiterflugticket (welches – außer für Personen mit festem Wohnsitz in diesen Ländern – nicht in Kanada, Mexiko oder den Karibikinseln enden darf) gültig für den Zeitraum von max. 90 Tagen ab der ersten Einreise in die USA, vorweisen kann
  • und im Besitz einer elektronischen Einreiseerlaubnis ist („Electronic System for Travel Authorization“ – ESTA).“

ESTA zwingend erforderlich: „Die gebührenpflichtige elektronische Einreiseerlaubnis ist vor der Reise über das Internet einzuholen und für 2 Jahre gültig. Während dieser Zeit sind beliebig viele Einreisen möglich, jeweils immer für 90 Tage. Die erlaubte Aufenthaltsdauer wird bei einer visumfreien Einreise individuell festgelegt und kann nicht verlängert werden.“ Hier findet ihr eine ausführliche Erklärung zu ESTA.

Visum nötig: „Ein Visum ist beispielsweise nötig, wenn man vorhat, in den USA einer bezahlten oder unbezahlten Arbeit nachzugehen (auch Au Pair oder auch bei nur vorübergehend in den USA ausgeführten Tätigkeiten, z.B. Journalisten), den Besuch einer Ausbildungsstätte plant, an einem Austauschprogramm teilnimmt oder mit einem nicht regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittel einreist. Eine Verlängerung des Aufenthalts bei Einreise mit Visum ist möglich, jedes Büro der Einreisebehörde USCIS kann eine Verlängerung genehmigen.“

Was viele nicht wissen, erklärt mir USA-Expertin Yvonne Richtsteig von The American Dream, „weder ein Visum noch eine ESTA-Genehmigung begründen einen Rechtsanspruch auf eine tatsächliche Einreise in die USA an der Grenze. Sie erlauben den Reiseantritt per Flugzeug oder Schiff bis zu einer US-Einreisestelle (z. B. Flughafen). In allen Fällen treffen die Grenzbeamten an der Einreisestelle die Entscheidung, ob und wie lange die Person einreisen darf!“

USA Einreise verweigert

Anwältin erklärt Einreiseverweigerung der deutschen Abiturientin

Im Fall von Aimee Valentina Schneider rechtfertigt die Expertin die Entscheidung der US-Beamtin: „Es waren nicht nur Vermutungen. Durch den Nachrichtenverlauf bei Facebook konnte die beabsichtigte Arbeitsaufnahme (Kinderbetreuung) der Marburgerin nachgewiesen werden. Dies hätte bei der Beantragung des Visums, auch wenn die Arbeit möglicherweise unbezahlt sein wird, angegeben werden müssen. Ich weiß nicht, ob dies geschehen ist, gehe aber nicht davon aus. Es sei dahingestellt, ob man dies als ausreichenden Grund für eine Einreiseverweigerung gelten lassen möchte, aber es war zumindest nicht nur eine Vermutung der Grenzbeamten, die zur Verweigerung der Einreise geführt hat.“