Eine idyllische Insel mitten im Indischen Ozean, verlassene weiße, Traumstrände, dahinter ein leuchtend grüner Dschungel – hört sich an wie eine Insel aus dem Bilderbuch, oder? Das ist North Sentinel Island auch – zumindest auf den ersten Blick. Denn solltet ihr es jemals wagen, einen Fuß auf das wunderschöne Eiland zu setzen, bedeutet das euren sicheren Tod. North Sentinel – einer der wohl schönsten und gleichzeitig gefährlichsten Orte der Welt.

Im heutigen Zeitalter von Smartphone, Computer und Internet scheint das, was sich im Dschungel auf North Sentinel Island verbirgt, unfassbar. Im Herzen der Insel lebt nämlich ein Volk, das bis heute keinen Kontakt zur Zivilisation hatte. Im sicheren Schutz des dichten Waldes sind die Sentinelesen seit tausenden von Jahren zuhause und lehnen jeden Kontakt mit der Außenwelt strikt ab – und gehen dabei über Leichen. Wie es in der heutigen Zeit überhaupt noch so etwas geben kann, was über die Sentinelesen bekannt ist und wie wir mit der Situation umgehen sollten, erfahrt ihr in diesem Artikel. Kommt mit auf eine Reise in das Unentdeckte, das Ursprüngliche und das uns Unbekannte.

North Sentinel Island – Auf ins Unbekannte

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Mysterium Sentinelesen

Ethnischer Hintergrund

Zunächst möchte ich euch einen Überblick über die drei Typen von indigenen Völkern geben, damit ihr versteht, dass es auch im Jahr 2017 Menschengruppen gibt, von denen wir kaum, beziehungsweise nichts wissen. Mit dem Begriff „indigenes Volk“ werden übrigens „eingeborene“ oder „ursprüngliche“ Bevölkerungsgruppen bezeichnet.

  • Es gibt die freiwillige Isolation von manchen Gruppen, die aufgrund von schlechten Erfahrungen oder Gewalt lieber abseits unserer modernen Welt leben. Diese Menschen wollen ihre Identität und Kultur fernab von der uns bekannten Zivilisation wahren, wissen aber, dass es diese gibt.
  • Es gibt des Weiteren uns noch komplett unbekannte Gemeinschaften. Wir müssen uns also bewusst sein, dass es auf unserer Welt noch unerschlossene Gebiete gibt, von denen wir kaum eine Ahnung haben. Auch dort könnten noch ursprüngliche Stämme leben.
  • Und dann existieren noch Gruppen, von denen wir wissen, dass es sie gibt – es wurde aber noch kein erfolgreicher Kontakt aufgenommen – zu diesen Menschen gehört auch das Volk der Sentinelesen.

Die Geschichte der Sentinelesen

Im Westen Indiens, neben den Andamanen Inseln, findet man North Sentinel Island, nur 60 km² groß und von einem wunderschönen Riff umgeben. Die dort lebenden Sentinelesen gelten als die älteste Bevölkerungsschicht Südasiens, zählen zu den nächsten Nachfahren der ersten Menschen Afrikas und leben auf den Inseln vor Indien bereits seit beinahe 60.000 Jahren. Eine wahrlich beeindruckende Zahl, wenn man bedenkt, wie stark sich unsere Gesellschaft in dieser Zeit verändert hat.

Immer wieder versuchte man im Laufe der Geschichte Kontakt zu den Menschen aufzunehmen. Im 19. Jahrhundert hat man ein älteres Paar mit vier Kindern von der Insel entführt, um das Volk nach und nach zu „zivilisieren“. Jedoch starben die beiden älteren Menschen sofort, da diese nicht immun gegen die damaligen Krankheiten waren. Die Kinder des Sentinelesen-Stammes wurden danach wieder auf die Insel zurückgebracht. Was für eine grausame Art, Kontakt zu den Inselbewohnern aufzunehmen.

1974 hat man sich im Rahmen einer Dokumentation („Man in Search of Man“) der Insel mit dem Boot genähert und versucht, die Menschen mit Geschenken, wie Kokosnüssen, zu besänftigen. Diese Bilder sind bisher einige der wenigen Aufnahmen, die das Volk der North Sentinel Island zeigen.

Video: Dale Andrews

Ende des 20. Jahrhunderts ist dort ein Schiff auf Grund gelaufen – wegen der hohen Wellen schafften es die Sentinelesen nicht bis zur Besatzung – was diesen vermutlich das Leben gerettet hat. Die Schiffbrüchigen wurden dann nach und nach mit einem Helikopter gerettet. Dadurch hat sich im Laufe der Zeit auch das Leben auf North Sentinel Island unweigerlich verändert. Die Menschen konnten Werkzeug aus Metall und anderen Materialien bauen, die sie bei den Schiffswracks sammelten oder die durch unsere Gesellschaft an den Strand gespült werden.

Das abgeschiedenste Volk der Welt in der Gegenwart

Bis heute wissen wir fast nichts von diesem geheimnisvollen Volk. Man schätzt aufgrund von „Volkszählungen“, dass sich auf der Insel ca. 40 – 500 Menschen befinden – man hat also eigentlich keinen blassen Schimmer. Auch Anzeichen von Feuer gibt es seither nicht, was aber nicht heißt, dass man diese Gesellschaft als „zurück geblieben“ oder als „Steinzeitmenschen“ bezeichnen kann. Hier befindet sich ein Stück wahrer unangetasteter Geschichte, die wir so bewahren sollten, wie es die Sentinelesen wünschen. Eine „Volkszählung“ bedeutet übrigens, man wirft Kokosnüsse an den Strand, wartet bis jemand kommt, macht ein Foto und zählt dann die Menschen.

Die Andamanen sind eine traumhafte Inselgruppe.

Indien hat immer wieder versucht, das Volk mit Geschenken zu besänftigen, damit sie im Anschluss auf der Insel eine Palmenplantage errichten und die Sentilesen zu Bauern machen können – dieser Versuch ist allerdings gescheitert. Nun sind North Sentinel Island und die Gewässer herum zum militärischen Sperrgebiet erklärt worden.

 Sentinelsen bestrafen jeden, der sich ihrer Insel nähert, mit dem Tod 

Indien hat auch ein offizielles Verbot zur Kontaktaufnahme, zum Schutz der Inselbewohner, ausgesprochen. Diese sind nämlich nach wie vor nicht gegen unsere Krankheiten immun – ein Besuch dort könnte daher für beide Seiten tödlich ausgehen. Um diesen Schutz zu wahren, patrouilliert auch die indische Polizei vor den Küsten der Insel. 2006 haben sich dort trotzdem zwei Fischer illegal aufgehalten, dafür haben sie mit ihrem Leben bezahlt – die Sentinelsen bestrafen jeden Besucher mit dem Tod, der sich ihrer Insel nähert.

In dieser völligen Isolation sind die Menschen aber keineswegs hilflos – sie waren zum Beispiel die einzigen, die den schlimmen Tsunami 2004 nahezu unbeschadet überstanden hatten, was festgestellt wurde, als man mit einem Helikopter die Insel überflog. Auch auf diesen Besuch reagierte das Volk mit Speer-Attacken und Pfeil und Bogen. Aber sind wir einmal ehrlich – diese Stämme kennen uns und unsere Gerätschaften einfach nicht – wer würde sich also von einem lärmenden Ungetüm am Himmel nicht beängstigt fühlen? Wen die geheimnisvolle Geschichte der Sentinelesen gepackt hat, kann hier auch noch ein Interview aus anthropologischer Sicht mit einem Ethnologen lesen, der es einmal geschafft hat, die Insel zu betreten.

Das vielleicht letzte Mysterium unserer Zeit

Dass es in der heutigen Zeit, so wie wir sie kennen, noch eine derartige Ursprünglichkeit gibt, ist wirklich einzigartig und einfach nur unglaublich. Gerade deshalb sollte dieses Mysterium um die Sentinelesen unbedingt gewahrt und ungelüftet bleiben. Man muss diese Lebensart respektieren und Wert schätzen, dass es in unserem Technik-Chaos auch noch derart spannende und unentdeckte Formen der Existenz gibt. Eine unfassbare, faszinierende Geschichte, findet ihr nicht?

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