Typisch Ruhrgebiet

Einfach typisch Ruhrgebiet

Über den Ruhrpott und seine Bewohner gibt es viele Klischees – ziemlich viele davon haben irgendwas mit Bergbau, Kohle, Stahl, Hochöfen und harter Maloche zu tun. Zwar wird heute keine Kohle mehr gefördert und auch die großen Schornsteine der Stahlindustrie spucken schon lange keine Rußwolken mehr in die Luft, doch sein Herz aus Kohle und Stahl hat sich der Pott nach wie vor bewahrt. Zu bestaunen ist es in den zahlreichen Industriedenkmälern, die neue Verwendung als Kulturstätten und Kunstwerke finden.

Schaut man aber genauer hin, entdeckt man schnell, dass das Ruhrgebiet viel mehr ist als nur das. Schrebergärten, Taubenschlag, Trinkhallen, gemischte Tüten, Fußball, Kultur und Multikulti – kommt mit auf eine Reise und findet heraus, was für das Ruhrgebiet so typisch ist.

Was ist typisch für das Ruhrgebiet?

Von der Industrie zur Kultur

Zechen, Gasometer, Hüttenwerke und beeindruckende Halden – Gebilde und Gebäude, an und in denen früher malocht, also hart gearbeitet, wurde. Sie begegnen euch im Ruhrgebiet in jeder Stadt. Das Coole daran: Die einstigen Industriegebäude wurden nach ihrer Stilllegung aufwendig restauriert und modernisiert und werden heute als Locations für besondere Ausstellungen, angesagte Events und spannende Museen genutzt.

Paradebeispiele für den gelungenen Strukturwandel von der Industrie hin zur Kultur sind zum Beispiel der Gasometer in Oberhausen, der immer wieder mit einmaligen Ausstellungen begeistert, das UNESCO-Welterbe Zollverein, das nicht nur mit Eislaufbahn und Freibad überrascht, sondern mit zahlreichen Ausstellungsstücken und einem Denkmalpfad Einblicke in die Zeit der Kohle und Kumpels gibt, und der Landschaftspark Duisburg-Nord, in dem euch unter anderem ein fordernder Hochseilklettergarten in einem stillgelegten Hochofen und der alten Gießhalle erwartet. Aus alt mach neu – das funktioniert im Ruhrgebiet richtig gut! Entstanden sind Orte, mit deren Hilfe sich das Ruhrgebiet neu definiert, ohne dabei seine Vergangenheit zu vergessen. Typisch Ruhrpott eben!

Die eisbahn auf Zeche Zollverein im Sonnenuntergang
Highlight im Winter: Die Eisbahn auf Zollverein | Foto: Ruhr Tourismus / Achim Meurer

Kiosk, Bude, Trinkhalle

„Eine gemischte Tüte, bitte, aber ohne Lakritz.“ Wer seine Kindheit im Pott verbracht hat, wird jetzt wahrscheinlich direkt in nostalgische Stimmung verfallen und an die Zeiten denken, in denen eine prallgefüllte, mit Herzchen bedruckte, gemischte Tüte Bömsken vom Kiosk nebenan die Welt bedeutete. Kioske haben eine lange Tradition im Ruhrgebiet, die auch nach Schließung der Zechen nie ausstarb. Ob für eine gemischte Tüte, ein kaltes Pilsken oder ein Pläuschken – Kioske waren schon immer ein Ort, an dem man zusammenkommt, den Feierabend mit seinen Kumpels genießt oder schnell die letzten Besorgungen tätigt – und das ist bis heute so geblieben.

Eine Hommage an die Liebe zu den Kiosken und Trinkhallen im Ruhrgebiet war auch in diesem Jahr wieder der Tag der Trinkhallen im August, der den Budenkult groß feierte. 50 der über 8.000 Buden im Pott luden an diesem Tag zum Vorbeischauen und In-Erinnerungen-Schwelgen ein. Untermalt wurde das Ganze von Livemusik und interessanten, kulturellen Programmpunkten. Wann der Tag der Trinkhallen das nächste Mal stattfindet, steht zwar noch nicht fest, doch das Fest ist schließlich nur eines von vielen coolen Events im Ruhrgebiet, bei denen ihr den Pottkult erleben könnt.

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Die Trinkhalle am Stadtgarten Herne | Foto: Ruhr Tourismus / Reinaldo Coddou

Hast im Schrebergarten deine Laube

Die Buden sind vielleicht der Dorfplatz der Großstadt, doch was wäre der Pott eigentlich ohne seine Schrebergärten? Zwar gibt es die kleinen, ordentlich abgetrennten Parzellen auch anderswo in Deutschland, doch nirgendwo hat sich so ein Kult um die Gartenparadiese mitten in der Stadt entwickelt wie im Ruhrgebiet. Schließlich hebt schon Musiker Herbert Grönemeyer in seinem Liebeslied über die Stadt Bochum die Untrennbarkeit von Pottkultur und Kleingartenverein hervor, indem er singt: „Hast im Schrebergarten deine Laube“. Er trifft damit den Nagel auf den Kopf, denn der Schrebergarten ist einfach ein wichtiger Lebensmittelpunkt für viele Ruhrgebietler – damals wie heute.

Denn sollten die Schrebergärten früher in erster Linie den hart schuftenden Arbeitern und ihren Familien Erholung im Grünen bieten, wurden die Kleingartenvereine schnell zu sozialen Treffpunkten, in denen gefeiert, gepflanzt und gewerkelt wurde – natürlich immer konform zu den strengen Vereinssatzungen innerhalb der Schrebergärten. Es muss ja schließlich alles seine Ordnung haben, das ist auch im Kohlenpott nicht anders.

Ein Mittelgang in einem Schrebergarten im Ruhrgebiet
Eine typische Kleingartenanlage im Ruhrgebiet

Wichtig ist auf’m Platz – Fußball im Pott

„Gehse auf Schalke oder auffe Süd?“ ist wohl die alles entscheidende Frage, wenn es um den Fußball im Ruhrgebiet geht. Die Menschen im Revier glühen für ihre Fußballvereine, sei es für den FC Schalke, Borussia Dortmund, den VfL Bochum, den MSV Duisburg, Rot-Weiß Essen, RWO aus Oberhausen oder eine der zahlreichen Mannschaften aus den übrigen Ligen.

Dortmund, Schalke und der VfL Bochum gehören zu den festen Größen im internationalen Fußballgeschäft, ihre Stadien sind wahre Fußballtempel und zählen zu den bekanntesten und meistbesuchten in ganz Deutschland. Hier spontan eine Eintrittskarte zu bekommen, ist fast unmöglich – das gilt besonders für die Revierderbys, die im Pott zu DEN Highlights des Fußballjahres gehören. Schließlich gibt es hier kaum etwas, mit dem man sich so stark identifiziert wie mit den Lieblings-Fußballvereinen, die bei solchen Spielen die Ehre der Stadt zu retten haben.

Ob auf der Straße, im Garagenhof oder in einem der vielen Vereine – hier kommen Menschen verschiedenster Nationen und jedes Alters zusammen, um den Lieblingssport zu leben und zu zelebrieren. Fußballliebe wird selbstverständlich auch außerhalb vom Platz gelebt, zum Beispiel im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund, das dieser Liebe einen Ort geschaffen hat. Und wo geht es ehrlicher und authentischer zu als beim Bier anne Theke auf dem Weg ins Stadion? Beim Kneipen-Fußballquiz könnt ihr euer Wissen unter Beweis stellen – oder ihr atmet Stadionluft bei einem Konzert oder einer Lesung in der jeweiligen Kultstätte. Auf einer Street-Art-Tour durch die verschiedenen Städte im Pott kommt ihr der Fußballkultur ebenfalls sehr nah. Im Ruhrgebiet ist der Fußball Kult und prägt die Menschen ihr ganzes Leben.

Fußballfans in der Trinkhalle, Gelsenkirche
Fußballfans in der Trinkhalle, Gelsenkirchen | Foto: Ruhr Tourismus / Dennis Stratmann

Arbeitersiedlungen & Zechenkolonien

Dort leben, wo man arbeitet – was heute vielleicht etwas komisch klingt, war in vielen Städten im Ruhrgebiet ganz normal und ziemlich beliebt. In eigens angelegten Arbeitersiedlungen, die sich in der Nähe der ehemaligen Zechen befinden, wohnten die Bergleute zu Hochzeiten der Kohleförderung mit ihren Familien. In der Arbeitersiedlung gab es alles, was man zum Leben braucht, von der Trinkhalle zum Geschäft – und die Arbeit ist auch gleich um die Ecke.
Die Zechen wurden geschlossen, doch viele Arbeitersiedlungen blieben bestehen und stellen mittlerweile wieder heißbegehrte Wohnviertel dar. Heute könnt ihr durch die meist einheitlichen Straßenzüge bummeln und in vergangene Zeiten eintauchen. Seid ihr zum Beispiel in Essen unterwegs, möchten wir euch einen Streifzug durch die Gartenstadt Margarethenhöhe, eine der schönsten Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet, unbedingt ans Herz legen.

Keine typische Arbeitersiedlung: Gartenstadt Margarethenhöhe
Keine typische Arbeitersiedlung: Gartenstadt Margarethenhöhe

Hömma! So klingt der Ruhrpott

Manchmal etwas belächelt, aber verdammt sympathisch und authentisch – nicht erst seit Atze Schröder ist der Ruhrpott-Slang echter Kult. Damit ihr bei eurer Reise ins Ruhrgebiet wisst, wovon eigentlich die Rede ist, wenn euch Worte wie beömmeln, Kappes, abdampfen und Klüngelskerl um die Ohren fliegen, haben wir einen kleinen Guide für euch zusammengestellt:

  • Bütterken oder Stulle – das gute alte Butterbrot
  • Klüngelskerl – ein Schrotthändler, der mit einer eingehenden Melodie durch die Straßen fährt, um Schrott einzusammeln
  • Blagen – mit dem Wort Blagen werden gerne nervige Kinder betitelt
  • Funzel – ein sehr gedämpftes Licht ist funzelig
  • Kappes – der Kohl oder ein Ausdruck für Unsinn. Mach kein Kappes!
  • Fisseln – so wird leichter Regen bezeichnet. Et fisselt!
  • Oschek oder Oschi – ein gewichtiger, großer Mensch
  • Beömmeln – sich über etwas schlapplachen
  • Larifari oder Kokolores – wenn mal wieder jemand Unsinn macht oder sagt
  • Plörre – häufig wird dünner Kaffee oder aber ein Getränk als Plörre bezeichnet. Wat ne Plörre!
  • Schmierlapp – eine unangenehme Person, die irgendwie schmierig ist
  • Abdampfen – weggehen, die Biege machen. Dampf ab!

Willkommen im Pott!

Ja, das Ruhrgebiet ist schon eine einzigartige und liebenswerte Region in Deutschland! Kommt am besten selbst vorbei und erlebt den Pott mit all seinen Eigenarten, Marotten und Besonderheiten, die das Revier zu dem machen, was es ist – eben typisch Ruhrgebiet! Unsere Kollegin Julia war für euch in ihrer Heimat unterwegs. Sie hat so manches Highlight für euch in petto.

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Beitragsbild: Ruhr Tourismus / Reinaldo Coddou

Logoleiste mit dme Logo von nordrhein Westfalren und dem ministerium für Wirtschaft, Innovation, diitalisierung und energie des Landes Nordrhein Westfalen

Kommentare

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Bisherige Kommentare
  1. ICH-SELBE´ST EIN EHEMALIGER RUHRGEBIETLER-WOHNE AN DER WATERKANT- UND MAN ERKENNT HIER OBEN SOFORT WO ICH HERKOMME!!!! ABER-MAN WIRD HIER AKZEPTIERT-DENN-SO WIE ICH DENEN ENTGEGEN KOMME-SO KOMMT MAN MIR AUCH ENTGEGEN!!!! HABE NOCH KEINE NEGATIVEN ERLEBNISSE MIT DEN OSTFRIESEN GEHABT UND LEBE GUT HIER!!!!!!!

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