Es ist ein ärgerliches Szenario, das uns täglich widerfahren kann: Der gebuchte Zug Richtung Urlaub oder Heimat verspätet sich oder fällt gleich ganz aus. Hektisch suchen wir einen Zugbegleiter, der uns weiterhelfen kann, oder surfen im Internet nach einer Lösung. Immer wieder stellen wir uns dabei die Frage: Was sind eigentlich meine Fahrgastrechte bei der Deutschen Bahn und wie mache ich sie geltend? Ich kläre euch auf!
Das eben beschriebene Szenario wird zwar besonders den Vielfahrern unter euch bekannt vorkommen, doch eigentlich kann es jeden von uns treffen. Gehören Verspätungen bei der Deutschen Bahn doch fast schon zum Alltag. Störungen der Oberleitung, Personen auf der Fahrbahn, defekte Züge oder klimatische Bedingungen machen der Bahn das Leben schwer und sorgen dafür, dass wir oftmals gereizt am Bahnsteig zurückbleiben und uns eine andere Verbindung suchen müssen. Doch wann darf man überhaupt einen anderen Zug nutzen und wann und wie bekommt man sogar eine Entschädigung bei einer Verspätung der Deutschen Bahn?
Fahrgastrechte bei der Bahn – Das steht euch im Eisenbahnverkehr zu
Habe ich einen Anspruch? | So fordert ihr eure Rechte ein
Entschädigung bei Verspätung eines Zuges der DB
Oftmals herrscht erst einmal Unsicherheit darüber, welche Rechte man als Fahrgast des Eisenbahnverkehrs überhaupt hat. Ab wie vielen Minuten Verspätung ihr ein anderes Verkehrsmittel nutzen dürft, ohne dass euer Ticket ungültig wird, und wie das Ganze bei einem Streik oder außergewöhnlichen Umständen aussieht, habe ich nun in Kürze für euch zusammengefasst. Achtung: Generell gilt immer die verspätete Ankunftszeit am Ziel.
- Ab einer Verspätung von 20 Minuten: Verspätet sich euer Zug im Nahverkehr (Regionalbahn/Schnellzug) um mindestens 20 Minuten, so dürft ihr einen anderen Zug nutzen (auch IC, ICE etc.). Die Zugbindung entfällt in dem Fall.
- Bedingungen: Seid ihr im Besitz eines Nahverkehrstickets, muss das Ticket für den anderen Zug erst von euch bezahlt werden und wird später von der Deutschen Bahn erstattet – Diese Regelung gilt nicht für reservierungspflichtige Züge wie dem ICE Sprinter.
- Ausnahme: Leider gibt es bei dieser Regelung eine Ausnahme, denn nutzt ihr eine stark ermäßigte Fahrkarte wie das Schönes-Wochenende-Ticket (auch Wochenendticket genannt) oder das Quer-durchs-Land-Ticket, dürft ihr nicht auf eine Erstattung hoffen, sondern habt eine Zugbindung.
- Ab einer Verspätung von 60 Minuten: Verspätet sich euer Zug um mindestens 60 Minuten, so habt ihr – neben der Wahl eines anderen Zuges (die Zugbindung entfällt bei einer Verspätung ab 60 Minuten auch im Fernverkehr) – die Möglichkeit, von der geplanten Reise zurückzutreten, die Reise unterwegs abzubrechen und euch einen Anteil oder sogar den kompletten Preis erstatten zu lassen. Trefft ihr mindestens 60 Minuten verspätet am Ziel ein, steht euch eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises zu. Bei einer mindestens 60-minütigen Verspätung des Zuges, dessen planmäßige Ankunftszeit zwischen 0-5 Uhr nachts liegt, besagt das Fahrgastrecht der Bahn, dass ihr sogar ein alternatives Verkehrsmittel wie ein Taxi oder einen Bus nutzen dürft. Die Kosten dafür (maximal 80€) werden euch dann später erstattet. Ähnlich sieht es auch mit einer Übernachtung aus, wenn die Weiterfahrt am gleichen Tag nicht mehr zumutbar ist.
- Bedingungen: Damit ihr den vollen Preis erstattet bekommt, müsst ihr nachweisen, dass eure ursprünglichen Reisepläne sinnlos geworden sind.
- Ausnahmen: Länder-Tickets, Schönes-Wochenende-Tickets, Nahverkehrstickets und Quer-durchs-Land-Tickets werden pauschal mit 1,50€ (2,25€ in der 1. Klasse) entschädigt. Da die Deutsche Bahn Entschädigungen aber erst ab einem Wert von 4€ ausgezahlt, müsst ihr als Inhaber dieser Tickets alle Verspätungen „sammeln“ und könnt diese dann einreichen, wenn ihr mindestens 4€ erreicht habt. Inhaber eines Wochen- oder Monatstickets können Verspätungen erst nach Ablauf der Geltungsdauer geltend gemacht werden. Inhaber einer Bahncard 100 werden mit 10€ in der 2. und 15€ in der 1. Klasse entschädigt.
- Ab einer Verspätung von 120 Minuten: Verspätet sich euer Zug um mindestens 2 Stunden, so habt ihr – neben den Fahrgastrechten, die euch bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten zustehen – das Recht auf eine Entschädigung von 50 Prozent des Fahrpreises.
- Verpflegung bei Verspätung und Zugausfall: Ist euer Zug des Fernverkehrs mindestens 60 Minuten verspätet, so habt ihr Anrecht auf kalte und warme Getränke und eine Mahlzeit.
- Entschädigung bei höherer Gewalt: In Fällen von höherer Gewalt, also Streik oder schlechten Wetterbedingungen, muss die Bahn euch genauso entschädigen wie in den „normalen“ Fällen von Verspätungen und Zugausfällen.
Puh, auf den ersten Blick ein ganz schön undurchsichtiger Wust an Informationen, findet ihr nicht? Solltet ihr von einer Verspätung der Deutschen Bahn betroffen sein, solltet ihr unbedingt euer Ticket aufbewahren und Quittungen über bezahlte Alternativzüge behalten. Sucht im Zweifelsfall im Nachgang ein Servicecenter der Deutschen Bahn auf und klärt euren Fall direkt vor Ort. Wie ihr eure Ansprüche einfordert, lest ihr jetzt.
Formular, Fahrkarte & Co – So kommt ihr an eure Entschädigung
Um eure Entschädigung oder Erstattung zu erhalten, braucht ihr vor allem eins: eine Bestätigung der Verspätung. Diese wird direkt vom Zugbegleiter, an den DB Informationsstellen (bis 5 Tage nach Verspätung) oder den DB Reisezentren (bis zu 1 Jahr nach Verspätung) ausgestellt. Füllt das Fahrgastrechte-Formular aus und geht mit diesem, eurer Fahrkarte und der Bestätigung der Verspätung in ein DB Reisezentrum an einem Bahnhof. Dort bekommt ihr die Entschädigung direkt ausgezahlt (wenn diese mindestens 4€ beträgt).
Inhaber einer Streckenzeitkarte, BahnCard 100, eines Schönes-Wochenende-Tickets, Quer-durchs-Land-Tickets oder Länder-Tickets erhalten ihre Entschädigung nur über das Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt. Sendet dafür das ausgefüllte Fahrgastrechte-Formular und eine Kopie eures Tickets an das Servicecenter Fahrgastrechte.
Entschädigungen und Erstattungen können in Form eines Gutscheines der Deutschen Bahn oder als Geldbetrag ausgezahlt werden.