Als Kabarettist und Entertainer ist Dieter Nuhr bekannt. Bei Facebook ist er ein Phänomen – und hat dort trotz anspruchsvoller Unterhaltung eine riesige, treue Anhängerschaft. Dort zeigt er, dass man nicht nur mit Katzenvideos und platten Witzen begeistern kann. Ein cooler Typ – mit Bodenhaftung. Was vielen Leuten aber nicht bekannt ist: Dieter Nuhr reist auch gern und liebt die Fotografie. Die Bilder verstauben nicht bei ihm Zuhause auf dem Dachboden – sondern hängen gern auch mal in der Öffentlichkeit; wie jetzt etwa bei einer Ausstellung in Essen. Auf seiner Facebook-Seite (mehr als 450.000 Fans) zeigt der Comedian eine kleine Auswahl der Bilder. Viel mehr gibt es vom 31. Januar bis 11. März nahe des Folkwang Museums in der Galerie Obrist zu sehen. „Jede Form“, so Dieter Nuhr, „hat ihre eigenen Ausdrucksmöglichkeiten. In der Sprache kann ich ironisch sein, in Bildern erscheint mir die Welt eher ernst.“ Seine bildnerische Arbeit sei ihm genauso wichtig wie seine Arbeit auf der Bühne. „Dass ich mit der einen Form mehr Leute erreicht habe als mit der anderen, sagt weder etwas über die Qualität der Arbeit aus, noch über den Grad der Intensität.“
Seine Fotoarbeiten – so urteilt der Galerist – gehen über bloße Reiseimpressionen hinaus, denn sie blenden das vermeintlich Schöne oder gar Romantische exotischer Welten aus. Sie zeigen das Fremde, das Detail, das exemplarisch für das große Ganze steht und führen uns zu Erinnerungsorten von Kulturen, die uns befremdlich und anmutig zugleich erscheinen. Nuhrs ganz eigener frontaler Blick lässt dabei das Festgehaltene immer als Bühnenraum erscheinen. Also verliert er auch in dieser Arbeit nicht den Bezugspunkt zum Publikum.
Fremdes Terrain – Dieter Nuhr bereist die ganze Welt
Sein Auge für schöne Motive – ohne diesen Charakter für seine Werke selbst beanspruchen zu wollen; doch dazu später mehr – und seine scharfe Zunge machen den Autor und Moderator zu einem idealen Gesprächspartner für ein kleines, feines Interview. Ich, euer Urlaubsguru, habe mit ihm über seine Ausstellung mit dem Titel „Fremdes Terrain“ gesprochen, frage ihn zu seinen Erlebnissen und Bildern von seinen Reisen um die Welt – und möchte wissen, ob er nicht auch Fan von mir bei Facebook werden möchte. Viel Spaß beim Lesen!
Urlaubsguru: Nuhr vom Feinsten, Ihre Fotos! Haben Sie es irgendwo gelernt, Fotos zu machen oder sind Sie da eher der Autodidakt?
Dieter Nuhr: Ich habe Kunst studiert, habe also schon Bilder gemacht, weit bevor ich auf der Bühne stand. Anfangs habe ich gemalt, dann im wahrsten Sinne des Wortes Lichtbilder gemacht, mit einer selbstgebauten Lochkamera. Heute ist der Prozess digitalisiert. Ich mache jetzt seit über 30 Jahren Bilder und Fotos, da nehme ich mal für mich in Anspruch, über den Status des Autodidakten hinaus zu sein.
Die moderne Technik nimmt einem ja auch viel Arbeit ab. Oder fotografieren Sie etwa noch analog?
Dieter Nuhr: Die Digitaltechnik ist heute qualitativ so viel besser, als die analoge Technik jemals war, dass ich glaube, analoge Fotografie ist heute etwas für Nostalgiker. Das hieße nicht, dass Fotografieren heute weniger „Arbeit“ wäre. Von der Motivsuche über die Belichtung bis zum Proof, die „ Arbeit“ ist nicht weniger geworden. Im Gegenteil. Das Ausarbeiten der Bilder ist heute aufwändiger als früher, da man die Arbeit früher teilweise ins Chemielabor delegierte. Dafür habe ich heute erheblich besseren Zugriff auf alle Arbeitsschritte, von der Belichtung bis zum Print.
Ein Tänzchen in Peru und viele Impressionen in Myanmar
Im Fernsehen habe ich Sie vor einer Weile gesehen, als Sie begeistert über den Machu Picchu gesprochen haben. Wie war’s in Südamerika?
Dieter Nuhr: Ich bin in Peru in eine Karnevalsfeier geraten, bei der mich eine ältere Bäuerin in 4000 Meter Meereshöhe zum Tanzen gezwungen hat. Ich will mein Durchhalten nicht heroisieren, aber es war hart… Im Ernst, es war großartig. Machu Picchu gehört zu den zehn Plätzen to-see-before-you-die. Aber meine Fotos zeigen eher das ganz normale Peru. Sehenswürdigkeiten sind nicht mein bevorzugtes Motiv.
Wo waren Sie denn zuletzt unterwegs?
Dieter Nuhr: Myanmar und Indien. Beides unvergleichliche Reiseziele. Myanmar befindet sich im rasanten Wandel, es macht Sinn, jetzt hinzufahren. Der buddhistische Kulturkreis ist mir aus unerfindlichen Gründen sehr nah. Ich fühle mich sehr wohl dort. Nach Indien kehre ich auch gerne immer wieder zurück. Schwer zu sagen, was einen in ein bestimmtes Land zieht, aber nach Indien fahre ich so oft ich kann.
Draußen Zuhause? Meine Güte! Sie sind derzeit – gefühlt – für ein Dutzend TV-Shows gleichzeitig verantwortlich und dann noch so viel in der Welt unterwegs? Wie machen Sie das?
Dieter Nuhr: Nacheinander. Ich arbeite viel, habe aber nicht das Gefühl, zu arbeiten, weil mir meine Arbeit Spaß macht, sowohl das Texten und Auftreten, wie auch das Reisen und Bildermachen. Ich bin zwar ständig beschäftigt, fühle mich aber nicht gestresst.
Neulich gab’s ein bisschen Zoff mit einem Holzmedium aus Osnabrück. Haben sich die Wogen mittlerweile geglättet oder kommt da noch ‚was?
Dieter Nuhr: Nun, man sollte bei unseren Islamisten nicht vorzeitig darauf hoffen, dass sie klein beigeben. Wir haben bei uns in Deutschland seit 200 Jahren einen Kampf um die bürgerlichen Freiheiten und sollten nicht voreilig glauben, den hätten wir bereits gewonnen. Freiheit muss immer wieder neu erkämpft werden.
Reisen als existentielle Notwendigkeit
Der Galerist schreibt, dass Sie das „Fremde, das Detail, das exemplarisch für das große Ganze steht“ in den Bildern der Ausstellung zeigen und sich nicht mit dem „Schönen oder gar Romantischen exotischer Welten“ begnügen. Eine tiefere Sinnsuche? Die Liebe fürs kleinklein-artige Anderssein? Oder was steckt dahinter?
Dieter Nuhr: Ich bin nicht der große Romantiker. Sonnenuntergänge oder Sehenswürdigkeiten gibt es deshalb nicht zu sehen bei mir, auch keine Kinder oder Katzen… Mich interessieren Dinge, Räume oder Landschaften, die mir erscheinen, als würden sie beispielhaft für etwas Größeres stehen, die Geschäftsauslage, die als Bildraum taugt oder das Fundstück, das als Skulptur erscheint. Manchmal bin ich aber auch gar nicht sicher, warum mir etwas bildwürdig erscheint, das fällt mir dann erst Jahre später auf.
Also, in dem Sinne, „Schöne Fotos“ kann ja jeder?!
Dieter Nuhr: Ob die jeder kann, weiß ich nicht. Ich empfinde meine Bilder auch als „schön“. Die Kategorie verwende ich selber nur nicht, weil jeder etwas anderes darunter versteht. Der Begriff ist insofern bedeutungsleer. Wenn ich meine Bilder mit der Bezeichnung „schön“ bewerben würde, wären viele Leute beim Ansehen sicher enttäuscht, weil ich auf das Abendlicht verzichtet habe…
Was bedeutet „Reisen“ ganz allgemein für Sie?
Dieter Nuhr: Ich halte Reisen für eine für mich lebenswichtige Horizonterweiterung. Ich glaube, meine ganze Arbeit wäre, sowohl auf der Bühne als auch in der Kunst, ohne Reisen nicht möglich. Auch der Blick auf die eigene Welt kann nur klar sein, wenn man auch zwischenzeitig von außen draufguckt. Außerdem: Die Welt ist mein Lebensort, und den will ich erkunden. Mehr kann man nicht tun im Leben. Insofern ist das Leben als Reise für mich eine existentielle Notwendigkeit.
Auf Facebook sind Sie ja extrem aktiv. Haben Sie Lust Urlaubsguru.de zu „liken“? :-)
Dieter Nuhr: Das schau ich mir mal an.
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Urheberrecht – Alle Bilder: Dieter Nuhr
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